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Arme Senioren – „den Gürtel enger schnallen“ (Gedicht)

Meine Oma väterlicherseits musste irgendwann „den Gürtel enger schnallen“.

Sie war stets großzügig sowohl mit Geld als auch mit Speisen; man ließ sich das gefallen.

Einmal war mein Vater mit ihr im Anziehhaus.

Sie wollte ihn begleiten bis in die Kabine – dann wollte er raus.

Irgendwann war sie so alt und arm, dass sie nicht mehr die Spendierhose spielen konnte.

Sie war über 80 und krank, sodass sie kein Zipperlein verschonte.

Ihr Humor war stets famos;

mein Vater spielte ihr manch Streich famos:

 

So hatte er eine Scherz-Motorsäge, mit der er vorgab, nen teuren Tisch zu zerschneiden.

Sie schlug die Hände über den Kopf: „Hansi, bist du verrückt geworden? Bloß vermeiden!“

Alle Kinder lachten wie verrückt.

Nach Oberschenkelhalsbruch und Altenheim-Leben mit gewaltbereiter Zimmergefährtin ist sie verstorben, doch bis heute lebendig – obwohl verunglückt.

 

Man erwartet von alten Menschen nicht viel.

Es muss nicht gleich was passieren: Sie sind arm, erreichen nicht mehr ihr Ziel.

Allein ihr Leben schon ist Mitmenschen was wert,

es ist bereits die Existenz dieser Personen, die man ehrt.

 

In manch unliebsamen Aufenthaltsort hätte man Oma nicht eingeweiht:

Sie war geschwätzig, hatte ein lautes Stimmorgan – das ging zu weit…

Deshalb erzählte man ihr nur die schönen Dinge,

sodass sie glücklich sei, ihr alles gelinge.

 

Ein Altenheim erweist sich meist nicht als Genie:

Schon als Kind hatte ich eins gegenüber und kannte jemanden mit Altenpflege-Mutter – Vorbild war sie für mich nie:

Zuhause war bei der Altenpflege-Familie alles zugemüllt,

psychisch fertig, ne Erinnerung, die man zerknüllt.

 

Viele Jahre später, ein Wildhase hatte ähnliche Augen –

die Häsin war vertrauenswürdig, ihr Charakter konnte was taugen.

Man dachte sich, Oma sei wiedergeboren worden.

Doch sie selbst hätte ein solches Tier eher gegessen – dazu hatte ihr Magen nen Orden!

 

Als ich mit Umsatzsteuernummer um Kooperationen bat,

zeigten Unternehmen Zurückhaltung – wie auch ich, damals verliebt und zusammenlebend mit meinem 2006er-Freund in Unart.

Doch er war vergänglich – ne Unternehmenskooperation ist das selten.

Deshalb lassen wir bei Sympathien irgendwelche Klüfte schmelzen!